Vereinsgeschichte

Festschrift zum 80- jährigen Bestehen des Kanusports in Zschopau

 

Auszug aus der Festschrift zum 50-jährigen Bestehen der Sektion Kanu in Zschopau von Otto Richter:

 

Am 14. Januar 1923 kamen in der Gaststätte  „Meisterhaus“ in Zschopau neun sport-begeisterte junge Männer aus Zschopau zusammen, um einen Kanuclub zu gründen. Es waren Kaufmanns- und Handwerksgehilfen. In vorher stattgefundenen Besprechungen hatte noch niemand an den Kanusport gedacht. Im Vordergrund stand in der Hauptsache der Tennissport. Der damals mit anwesende Handlungsgehilfe Hellmut Schmidt von der  Fa. August Gey, der aus Magdeburg stammte und dort Mitglied des Kanuclubs „Falke“ war, schlug in einer der Vorberatung den Kanusport für Zschopau vor. Die Bedenken der anderen, dass doch in so einer Gebirgsgegend wie bei uns dieser Sport kaum betrieben werden könnte4, zerstreute er als Kanufachmann.

 

Er schlug vor, dass die Zschopauer Sportfreunde sich für den Anfang als Unterabteilung des Magdeburger Clubs etablieren und dabei von Magdeburg Unterstützung erlangen könnten.

Dieser Vorschlag begeisterte die Anwesenden sehr schnell. Sie beschlossen an diesem Abend, in Zschopau einen Kanuclub zu gründen und bei dem Kanuclub „Falke“ in Magdeburg um Aufnahme als Unterabteilung nachzusuchen.

 

Bereits am 10. März 1923 erklärte sich Magdeburg mit dem Ersuchen einverstanden und sandte uns die Anschlussbedingungen.

 

Nachdem der junge Sportverein beim Rat der Stadt Zschopau angemeldet worden war, folgten noch einige Verhandlungen mit der damaligen Amtshauptmannschaft Flöha, Abteilung Wasserbauamt, wegen der Genehmigung für die Benutzung der Zschopau für Paddelzwecke.

 

Nebenher war schon Verbindung mit einer Bootswerft aufgenommen worden. In kurzer Zeit konnten wir einen Holz-Dreier-Kajak und zwei Holz-Zweier-Kajaks beschaffen.

 

Als nächst Wichtigstes traten nun die Fragen der Unterbringung der Boote und die einer Anlegestelle an der Zschopau auf.

 

An der großen Flusskurve unterhalb der Eisenbahnbrücke am Schlachthof hatte seit Jahrzehnten der Bauer Brünnel auf seinem dortigen Wiesengelände eine Wäschebleiche unterhalten. Dazu gehörte ein großer Schuppen mit einer Handwäscheschleuder. In die Zschopau war ein Laufsteg gebaut, auf dem sich die Frauen hinknieten und ihre Wäsche ausschwenkten und spülten. Da nun damals diese alte Waschmethode, die besonders durch die Leinenwäsche bedingt war, sich überlebt hatte, hatte die „Brünnelbleiche“ ihren Daseinszweck erfüllt. Wir verhandelten daher mit dem Bauer Brünnel wegen der Verpachtung seines Schuppens und Laufsteges an unseren Verein. Er willigte ein, so dass

unser aktiver Beginn gesichert war.

 

 

 

Unser erster Bootschuppen auf der „Brünnelbleiche“
Unser erster Bootschuppen auf der „Brünnelbleiche“

 

 

Die Finanzierung unserer ersten gr0ßen Ausgaben bewältigten wir dadurch, dass wir über unseren Monatsbeitrag von 2,00 Mark entsprechende Freiwillige Umlagen bezahlten. Unser erster Kassenwart war Franz Reichel, der jetzt 76 Jahre alt ist und im benachbarten Waldkirchen lebt. Durch seine Umsicht waren unsere Kassenverhältnisse von Anfang an in bester Ordnung.

 

Unser erster Bootsschuppen mit dem Dreierkajak und den Mitgliedern Arthur Richter
Unser erster Bootsschuppen mit dem Dreierkajak und den Mitgliedern Arthur Richter

 

Am Anfang unseres Kanusportlebens hatten wir vom Magdeburger Stammverein genaue Dienstanweisungen. Das bezog sich auch auf die Kleidung, wie dunkelblauer Anzug und Mütze mit Schild und Abzeichen. In der Öffentlichkeit mussten wir uns in dieser  Aufmachung zeigen und durch Anlagen der rechten Hand ans Mützenschild salutierend grüßen. Diese Grußform war nicht etwa nur unter uns Kanukameraden anzuwenden, sondern gegenüber allen anderen Bürgern der Stadt.

 

 

Die erste Trainingsgruppe in vorschriftsmäßiger Kleidung Von links nach rechts die Mitglieder Herbert Stichel, Karl Hentschel, Erich Grundmann, Hellmut Schmidt, Oskar Reinhold und Arthur Richter
Die erste Trainingsgruppe in vorschriftsmäßiger Kleidung Von links nach rechts die Mitglieder Herbert Stichel, Karl Hentschel, Erich Grundmann, Hellmut Schmidt, Oskar Reinhold und Arthur Richter

 

Obwohl wir sonst ganz einfache Menschen waren, kamen wir in Zschopau dadurch in den Verdacht eines Snobismus. Die Magdeburger Satzung vom 05.03.1923 besagten u.a. im § 21: „Das Mitfahren von Damen ohne Genehmigung des Bootswartes ist verboten. Das Mitpaddeln der Damen beim Fahren ist für alle Fälle verboten.“

 

Da wir sehr bald als Kanuclub in Zschopau auf eigenen Füßen stehen konnten, blieben wir wohl formell noch einige Jahre Unterabteilung des Kanuclub „Falke“ Magdeburg, jedoch streiften wir bald die Zwangsjacke der Magdeburger Dienstvorschriften ab und begannen ein freies Sportleben mit Dress und Turnhose. Der für Zschopau neue Sport lockte nach und nach weitere Interessenten an, so dass bereits 1924/25 die Verhältnisse im Raum der Brünnelbleiche zu eng wurden. Einige Kameraden hatten sich auch eigene Boote angeschafft. Daher zwang sich uns immer mehr das Verlangen auf, uns ein eigenes, großes  Bootshaus zu schaffen. Die wichtigste Voraussetzung dafür war ein eigenes und genügend großes Boots-platzgelände an der Zschopau. Da wir an dem bisherigen Wehrteich der Baumwollspinnerei Teichmann bleiben wollten, bestand dazu nur noch eine Möglichkeit unterhalb des damaligen Seminarbades. Am 28.04.1925 richteten wir an den Rat der Stadt Zschopau ein entsprechendes Gesuch und Leiteten zugleich Verhandlungen mit dem Besitzer der Baumwollspinnerei, Herrn Teichmann, wegen der Benutzung seines Wehrteiches für Kanusportzwecke ein. Er gab uns in kurzer Zeit seine Einwilligung. Am 01.10.1925 schloss der Rat der Stadt Zschopau mit uns einen Pachtvertrag für ein Ufergelände von 60 m Länge und 20 m Breite unterhalb des Seminarbades mit einem jährlichen Pachtzins von 10 Goldmark ab.

 

Nun erst traten wir in die große Phase des Bootshausbaues ein. Unser Mitglied Walter Timme, der angestellter Architekt bei der hiesigen Baufirma Max Oestreich war, vermittelte uns sehr schnell ein Angebot für ein Bootshaus in Holzbauweise mit Steingrundmauern für 15 Boote mit anschließendem Clubraum, einem Frauenauskleideraum darüber und einer Abortanlage in einem Anbau am Bootsschuppen. Das Angebot lautete auf rund 6.000,- Goldmark. Da wir nur ein sehr bescheidenes Bankkonto unterhielten, war guter Rat teuer. Nach Überprüfung aller Möglichkeiten ergab sich folgende Lösung:

 

1. Aufnahme eines 5-jährigen Darlehens bei der Sächsischen Landesregierung in Höhe von 3.000,- Goldmark, wofür 3 ältere Mitglieder die Bürgschaft übernahmen.

 

2.Eigenleistungen durch Heranschaffen des Baumaterials vom Bauhof durch Auf- und Abladen; Transport von ca. 15 cbm Bruchsteinen aus dem am gegenüberliegenden Ufer gelegenen Steinbruch und Ausheben der Mauergründung. Der Gesamtwert dieser Eigenleistung wurde mit 3.000,- Goldmark angesetzt.

 

Am 26.Mai 1925 wurde vom Rat der Stadt Zschopau die Baugenehmigung erteilt. Im Frühjahr 1926 setzte endlich die Bautätigkeit ein. Es war für uns jungen Kanukameraden eine fröhliche Zeit des Schaffens in der Freizeit. Im März begannen wir bei kalter Witterung mit den Ausschachtungsarbeiten für die Grundmauern. Anschließend schafften wir auf einer Sandfähre aus Balken, die die Fa. Teichmann zum Entschlammen des Wehrteiches besaß, die 15 cbm Bruchsteine über die Zschopau zu unserem Ufer. Im April setzte Baumeister Oestreich mit seinen Arbeiten ein.

 

Es würde zu weit führen, alle Einzelheiten des Baues genauer zu schildern. Eine schwere Krise trat ein, als der Rat der Stadt Zschopaunachträglich verlangte, dass wir die Abortgrube doppelt so groß als geplant bauen sollten, damit eine zweite Abortanlage seitens des als Nachbaranlieger zu bildenden Sportplatzes mit angeschlossen werden könnte. Da wir die Mehrkosten selbst tragen mussten, bekämpfte ein Großteil der Mitglieder das Ansinnen. Durch beschwichtigende Einwirkung des stellvertretenden Vorsitzenden Arthur Richter wurde die Krise insofern behoben, dass er mit einigen Kameraden die Ausschachtung der Doppelgrube übernahm.

 

 

Eine weitere schwierige Situation trat ein, als nun auch der Zschopauer Fußballverein die Gelegenheit mit dem Gelände unterhalb des Seminarbades erfasste und bei der Stadt die Genehmigung eines Fußballplatzes neben unserem Sportgelände erwirkte. Es hätte uns gar nicht gestört, jedoch verirrten sich nun oftmals Fußbälle in unser Gelände und in die im Freien aufgestellten Boote. Wir wiesen den Rat der Stadt Zschopau auf diesen Störfaktor hin. Mit einer nicht erwarteten Großzügigkeit wurde daraufhin von der Stadt Zschopau um unser Sportgelände nach dem Fußballplatz zu ein 8 m hoher Maschendrahtzaun errichtet.

 

 

Am 26. August 1926 fand die feierliche Weihe des neuen Bootshauses des Kanuclubs „Falke“ statt. Die Einladung sah folgendes Programm vor:

 

„1/2 3 Uhr Weihe des Bootshauses auf dem neuen Bootsplatz unterhalb des Städtischen Badeplatzes (bei jeder Witterung), anschließend Auffahrt der Boote und verschiedene Vorführungen. Unter anderem findet eine Freundschaftsregatta zwischen der Kanuabteilung des Ruderclubs „Meteor“ Chemnitz und dem unterzeichneten Club und die Vorführung eines Außenbordmotors der bekannten Zschopauer Motorradwerke statt.

 

7 Uhr Tänzchen im renovierten Saale der Finkenburg.

Zwischen dem Bootsplatz und dem Sporthotel Finkenburg verkehrt nach Schluss der der Bootshausweihe ein Postauto.“

 

Fest und Veranstaltung dieses Tages verliefen programmgemäß.

 

Danach erhielt unser Club immer mehr Zustrom aus der Zschopauer Bevölkerung, besonders aus dem Kreis der Angestellten, Beamten und Arbeiter. Wir nahmen vielfach an den Kanuregatta-Wettkämpfen im ehemaligen Bezirk Chemnitz teil und führten jährlich eine Bezirksregatta über 300 m und 1000 m bei uns durch. Stark war damals die Beteiligung von Frauen und Mädchen.

 

 

Eine Kanuregatta vor unserem Boothaus
Eine Kanuregatta vor unserem Boothaus

 

Im Jahre 1930 hatten wir unser Darlehn über 3.000,- Mark bei der Sächsischen Landesregierung zurückgezahlt. Das war eine große Erleichterung für uns alle, denn wir konnten von da an die Beiträge um 1/3 senken. Außerdem konnten wir alsbald einige Einer-Faltboote anschaffen, um damit einer größeren Anzahl Jugendlicher ab 14 Jahre, besonders Oberschülern, die Teilnahme am Kanusport zu ermöglichen. Der damalige Direktor der Oberschule war für unsere Sache sehr aufgeschlossen und stellte uns einen Junglehrer für die Betreuung der Schülergruppe zu dem Zwecke zur Verfügung, dass die Mitglieder unserer Kanu-Schülerabteilung nicht in ihren schulischen Leistungen nachließen.

 

Unser erster Vorsitzender Hellmut Schmidt mit der Sportfreundin Doris Stichel nach der Trauung im Jahre 1929
Unser erster Vorsitzender Hellmut Schmidt mit der Sportfreundin Doris Stichel nach der Trauung im Jahre 1929

 

Anfang der 30-er Jahre war unsere Sektion bereits 50 Mitglieder stark. Wir lösten den Vertrag mit dem Stammverein in Magdeburg und nannten uns nun „Sportgemeinschaft Kanu“.

 

Das gemeinsame Sporttreiben von männlichen und weiblichen Kanuten hatte indes eine ganze Anzahl schöner Sportlerehen hervorgebracht. Dabei hatte sich eine schöne Sitte eingeführt, dass wir jeweils das junge Paar unter gekreuzten Paddeln aus der Kirchentür passieren ließen.

 

1936 fand in Zwickau die erste Kanu-Slalom Veranstaltung unter der Leitung des Sportfreundes Rudi Landgraf statt, der diese Wettkampfart aus Jugoslawien mitgebracht hatte. Unser Sportfreund Otto Richter nahm an dieser Veranstaltung teil, dass er als Mitbetreuer der Strecke fungierte. Rudi Landgraf hatte damals bei der Fa. Klepper in Rosenheim/Obb. Einige Slalom-Einerfaltboote bauen lassen, die um ersten Zwickauer Kanuslalom zum Einsatz kamen. Nach Schluss der Veranstaltung sagte Rudi Landgraf zu Sportfreund Otto Richter, dass Seine Sektion sich mit den neuen Booten finanziell übernommen habe und fragte, ob die Zschopauer Kanuten ein Boot käuflich übernehmen und den Kanuslalomsport auch in Zschopau betreiben würden. Otto Richter sagte zu und zog mit den 3 Bootssäcken des ersten Zschopauer Slalombootes bepackt freudig ab.

 

In Zschopau fiel der Gedanke in unsere Sektion auf guten Boden. Während wir das Herrliche Wildwasser bei den Stadtwerken unterhalb des Kreißigwehres gar nicht beachtet hatten, wurde es nunmehr unser Haupttummelplatz für die Übungen im Kanuslalom. Nebenher ließen wir durch unsere Patenfirma August Seyffahrt & Söhne in Waldkirchen, deren Sohn bei uns Mitglied war, die damals noch runden und halbrunden Torscheiben und noch Torstäbe anfertigen.

 

Nachdem auch alles übrige Material für eine Slalomstrecke, wie Lange Stangen für die Torzeichen, Kreuzböcke und Halteeisen, nach und nach beschafft worden waren, konnten wir 1939 endlich daran gehen, in Zschopau den ersten Kanu-Slalom durchzuführen. Bedauerlicherweise geschah dies nicht mehr unter der Regie unseres bewährten Sektionsleiters Hellmut Schmidt, weil dieser 1938 die Leitung unserer Sektion abgegeben hatte. Es war dafür Sportfreund Otto Richter gewählt worden.

 

Im winterlichen Frühjahr 1939 kamen die Sportfreunde Rudi Landgraf aus Zwickau, Sebnitz und Baumgärtel aus dem damaligen Chemnitz zu uns nach Zschopau, um die zukünftige Wettkampfstrecke zu besichtigen.

 

7 Die Kommision bei der Lagebesprechung an der Eisenbahnbrücke, dem Zeil der ersten Slalomveranstaltung. Von links nach rechts: Schebitz, Richter,
7 Die Kommision bei der Lagebesprechung an der Eisenbahnbrücke, dem Zeil der ersten Slalomveranstaltung. Von links nach rechts: Schebitz, Richter,

 

Am 23. April 1939 fand der 1. Zschopauer Kanuslalom statt. Vormittags wurde als Werbeveranstaltung für den Kanusport eine Wanderfahrt von Scharfenstein nach Zschopau durchgeführt. Die Teilnehmer des am Nachmittag erfolgten Slaloms waren aus Zwickau, Chemnitz, Dresden und in der Hauptsache aus Zschopau. Durch gute Pressewerbung war das Interesse der Zschopauer Bürger an der neuartigen Kanuwettkampfart stark geweckt worden. Die Zuschauer säumten die Ufer an Fluss und Mühlgraben in dichten Scharen.

 

Die Zuschauermengen am Ziel des ersten Zschopauer Kanuslaloms 1939.
Die Zuschauermengen am Ziel des ersten Zschopauer Kanuslaloms 1939.

 

Da wir ein gutes Kassiernetz eingerichtet hatten, war der finanzielle Erfolg auch sehr gut.

In der Kriegszeit schien unsere Sektion anfangs zum Erliegen zu kommen, Weil die meisten jungen Mitglieder zum Wehr- und Arbeitsdienst eingezogen worden waren. Unser Sektionsleiter Otto Richter wurde infolge einer Industrieverletzung nicht eingezogen. Er begann ab 1939 im starken Maße Jugend von 10 Jahren ab für den Kanusport zu werben. Unsere Sektion wurde dadurch während der Kriegszeit eine der stärksten Kanusektionen in Mitteldeutschland.

 

Kurzstreckenregatten und Kanu-Slaloms fanden in dieser Zeit jährlich in Zschopau statt. Besonders bedeutungsvoll war eine solche Doppelveranstaltung zu Pfingsten des Jahres 1941.

 

Immer mehr nahmen wir an auswärtigen Slalomveranstaltungen teil. Nachdem Zwickau und Zschopau seit 1936 einige Zeit die ersten Veranstaltungsorte für den Wildwasser-Kanuslalom in Mitteldeutschland waren, folgten bald andere Orte in diesem Gebiet nach. 1943 führte uns der Weg bis nach Hirschberg in Schlesien, wo ein großer Slalom auf dem Fluss Bober stattfand.

 

Ab 1944 wirkten sich die Folgen des Krieges auch auf unseren Sportbetrieb sehr hemmend aus, zumal nun auch der größte Teil der Nachwuchsgeneration eingezogen worden war. Leider verstarb in diesem Jahr unser Gründungsmitglied Arthur Richter, der als 2. Vorsitzender seit 1923 sehr tatkräftig an der Entwicklung unserer Sektion mitgewirkt hatte.

 

Das Kriegende 1945 stellte unsere Sektion zunächst vor eine ungewisse Zukunft. In den ersten Wochen war es für unsere Sektionsleiter eine Hauptaufgabe, das Bootshaus und das wertvolle Inventar vor irgendwelchen Schäden zu bewahren. Zu dieser Zeit erfolgten viele Einbrüche in Gartenlauben und Schuppen. Dabei ging es oftmals nur um Feuerholz. Als man begann, von einer Seite des Bootshauses die Bretter abzuziehen, richtete Otto Richter mit einigen beherzten Freunden eine Dauerbewachung unserer Sportanlage ein. Das führte dazu, dass alles wohl erhalten blieb. Die Lage beruhigte sich nach einigen Monaten wieder. Im geringen Maßstab setzte auch wieder der Paddelbetrieb ein, obwohl noch nicht feststand, wie der Sport nach dem Krieg bei uns neu organisiert würde. Da Otto Richter aus Berufsgründen die Sektion nicht weiterleiten konnte, legte er Anfang 1947 die Geschicke unserer Sektion in die Hände unseres damaligen Sektionsgeschäftsführers Günther Köhler.

 

In Zschopau war der gesamte Sport um diese Zeit unter der Bezeichnung „Kommunaler Sport“ neu organisiert worden. Dabei wurde im Herbst 1947 auch die Abteilung „Kanusport“ neu gebildet. Der erste Nachkriegsvorstand setzte sich wie folgt zusammen:

Geschäftsführer                  Günter Koehler

Schriftwart                             Clemens Hengst

Kassenwart                            Hellmut Broschwitz

Jugendwart                            Wolfgang Brenner

 

Als Haus – und Grundstückswart fungierte Otto Richter und als Bootswart Kurt Müller. Unsere Sektion gehörte der Sportgemeinschaft Zschopau (SG) an.

 

1948 beging unsere Sektion ihr 25- jähriges Bestehen in schlichter Weise.

Im gleichen Jahr kam die „Verordnung über die Abwicklung von aufgelösten Vereinen vom 14.07.1948“ insofern bei uns zur Auswirkung, als das Bootshaus mit allen Booten (außer Privatbooten) und Inventar in die Verwaltung des Rates der Stadt übergeleitet wurde.

Als sich nach dem Kriege das Motorradwerk in Zschopau mit Hilfe der Werktätigen zu einem lebensfähigen Betrieb entwickelt hatte, war auch der Betriebssport dort organisiert worden. Dabei war die Meinung aufgetreten, dass die BSG auch eine Kanuabteilung führen müsste. Wolfgang Brenne erklärte sich bereit, diese Sektion bei der BSG zu leiten. Da aber das Motorradwerk kein eigenes Bootshaus mit Anlegestelle errichten konnte, wurde  Vereinbart, dass die neue Sektion mit der alten zusammen das bestehende Bootshaus der SG nebst Platz und Anlegestelle benutzt. Die BSG schaffte sich 3 eigene Slalom-Einerfaltboote an.

 

Am 22. Mai 1952 fand der erste Zschopauer Nachkriegs-Slalom statt. Über 70 Teilnehmer aus vielen Kanugemeinschaften Sachsens nahmen daran teil. Unter der Regie von Kurt Müller und Wolfgang Brenner fanden 1953,1954 und 1956 weitere Slalomveranstaltungen in Zschopau statt. Kurt Müller hatte indes die Sektionsleitung unserer SG-Sektion Kanu übernommen, weil Günter Köhler Zschopau verlassen hatte.

 

1957 kam unser Zschopauer Kanusport insofern mit in Weltruf, als der bei uns ausgebildete Jugendfreund Manfred Glöckner (heute Präsident des Landeskanusportverbandes Brandenburg) bei der DHfK Leipzig in Augsburg auf dem Eiskanal bei den Kanu-Slalom-Weltmeisterschaften im gemischten Zweier Kanadier mit Brigitte Schmidt Weltmeister wurde.

 

Von 1956 ab wurde es jedoch um die beiden Sektionen Kanu in Zschopau recht ruhig. Ab 1962 Übernahm Sportfreund Udo Schmidt die Leitung der Sektion Kanu „SG“. Er führte die Sektion bis 1965 sehr gut, konnte aber mit den wenigen Nachwuchskräften keine eigenen Slalomveranstaltungen in Zschopau durchführen. Die Kanusektion der BSG Motor löste sich in dieser Zeit auf und übereignete uns ihre Slalomboote.

 

Im Dezember 1965 fand eine Sektionsversammlung mit Wahlen statt, wobei Udo Schmidt auf eigenen Wunsch nicht mehr kandidierte. Es musste erwartet werden, dass sich nun andere jung Mitglieder als Kandidaten für die Wahl zum Sektionsleiter und für die anderen Vorstandsposten aufstellen lassen Würden. Es meldete sich jedoch niemand. Fast schien es, dass die Wahlversammlung ergebnislos beendet werden müsste. Da sagte eines der älteren Mitglieder: „Nun, wir haben doch noch unseren Otto Richter, dieses alte Kanuschlachtross! Vielleicht lässt er sich nochmals als Kandidat aufstellen.“

 

Otto Richter , der nach 1945 trotz Aufgabe seiner Vereinsführerstellung als Stellvertreter und Bootshauswart der Kanusache immer treu weiter gedient hatte, erklärte: „Wenn ich auch nie wieder daran gedacht hätte, erneut Leiter unserer Sektion zu werden, so möchte ich Euch in der heute gezeigten Situation nicht im Stich lassen. Damit all das, was wir über 40 Jahre aufgebaut haben, nicht umsonst war und einer neuen Zukunft zugeführt werden kann, erklärte ich mich bereit, die Geschicke der Sektion nochmals in die Hand zu nehmen, wenn der Ruf an mich ergeht.“

 

Diese Worte schienen allen sehr willkommen zu sein. Otto Richter wurde nun als Kandidat nominiert und einstimmig zum Sektionsleiter gewählt. Er trat allerdings ein sehr schwieriges Erbe an, denn der Bootsbestand war nahezu restlos verschlissen und einsatzfähige Wettkampfkader bestanden nicht mehr.

 

Zu dieser Zeit war die vor wenigen Jahren gebildete Volkssportgemeinschaft infolge des Versagens der Leitung in peinliche Nöte geraten, denn durch verschiedene Pannen in einigen Sektionen war diese „VSG“ von ca. 200 Mitgliedern auf 50 Mitglieder zusammen geschrumpft und stand vor dem Ende. Der neu eingesetzte VSG – Leiter Fredo Sättler briet sich mehrfach mit Sektionsleiter Otto Richter wegen der Aufnahme der Sektion Kanu mit etwa 60 Mitgliedern.

 

Unser Beitritt erfolgte unter der Abmachung, dass für die Sektion Kanu die Mittel für mindestens je 1 Kunststoffboot für die nächsten 3 Jahre gesichert werden. Zugleich schieden wir aus der Sportgemeinschaft (SG) aus, da diese zu wenig Mittel zur Unterstützung für uns zur Verfügung hatte.

 

Nachdem im Frühjahr 1966 die Sportanlage unserer Sektion Kanu von den Mitgliedern in vielen NAW-Einsätzen gut in Ordnung gebracht worden war, wurde nach Aufnahme von 15 Jugendlichen der Klassen A, B und Pioniere der Trainingsbetrieb energisch aufgenommen.

 

Am 2. Oktober 1966 konnten wir unter Leitung von den Jugendtrainern Bernd Müller und Rainer Aurich nebst Sektionsleiter Otto Richter am Slalom des Kreises Flöha teilnehmen. Wir errangen in der Männerklasse den 2. und in der Pionierklasse den 3. Platz. Das war für den Neuanfang nach 10-jähriger Unterbrechung ein recht erfreuliches Beginnen der Wettkampftätigkeit unserer Sektion.

 

Seit Januar 1966 fanden nach langer Unterbrechung wieder regelmäßig aller 3 Monate Mitgliederversammlungen statt. Dabei wurden meist eigene Schmalfilme aus unserem Sportleben gezeigt. Sehr interessant war der film von den Kanu-Rennsport-Weltmeisterschaften von 1966, der eine große Schauvorführung für Kenterübungen und Eskimorollen zeigte.

 

Da wir nicht so schnell die ersehnten Kunststoffboote erhielten, mußte4n wir dazu übergehen, von den 10 meist älteren und sehr schadhaften Faltbooten einige selbst in Generalüberholung zu nehmen. Weil aber unsere Werkstatt dafür zu klein war, entschlossen wir uns, einen zusätzlichen Werftraum von 18 qm Fläche selbst zu bauen und dazu von Mitgliedern gespendetes Material zu verwenden. Von der Stadt erhielten wir die Dachpappe dazu. Im Herbst 1967 konnten wir den Werftraum in Benutzung nehmen.

 

Es war seit 1965 unter der Leitung von Otto Richter zu einer starken Aufbautätigkeit in unserer Sportanlage gekommen. Unsere Jugendlichen haben sich dabei gut bewährt. So sind seitdem jährlich etwa 2.000 bis 3.000 Mark Wertschaffung in Eigenleistung erbracht worden. Dafür erhielten wir vom Rat der Stadt Zschopau jährlich eine materielle Anerkennung, die uns den Kauf von Paddeln und Reparaturmaterial ermöglichte. Außerdem erhielten wir von der VSG indes die Mittel für die Anschaffung von 3 Kunststoff-Slalombooten.

 

Ab April 1970 kam Sportfreund Jochen Reh, Stadtbaumeister von Zschopau, mit seiner Frau Elisabeth, beide aktive Slalomkanuten, in unsere Sektion. Sie haben seither eine sehr gute Arbeit als Trainer  unserer Jungen und Mädchen geleistet. Während die Mädchen bisher keine besonderen Erfolge erzielen konnten, haben die Jungen teilweise sehr gute Fortschritte erreicht. 1070 standen wir an 28. Stelle von 50 DDR-Slalomsektionen. Bei dem jährlich eintretenden Ausfall von Jugendlichen durch Studium und NVA scheiden in der Entwicklung der Sektion gute Wettkämpfer vielfach aus, so dass die aufsteigende Linie der Sektion schwankt. 1971 erlangten wir dabei nur den 34. und 1972 den 37. Platz.

 

Der Nachwuchs war in den letzten Jahren sehr gering. Wir haben uns daher entschlossen, ab 1973 jährlich eine gute, selbst geschaffene Wandzeitung in der Martin-Andersen-Nexö-Oberschule eine Werbung durchzuführen.

 

Wir blicken in diesem Jahr mit Freude und Stolz auf die fünfzigjährige Entwicklung unserer Sektion Kanu in Zschopau zurück.

 

Vielen Menschen hat unsere Sektion im Training, bei Wettkämpfen und auf der Zschopau seit Jahrzehnten Freude und Erholung gebracht. Es ist uns allen eine Ehre, mitzuhelfen den DDR-Sport zu stärken und dabei das Ansehen unserer Republik in der Welt zu festigen. Möge unsere Sektion weiterhin gut vorankommen und vor allem viele Jugendlichen eine gute Ausbildung ermöglichen.